Solarenergie verstaatlichen?

Sonnenergie verstaatlichen? |ORF Report vor Ort in Strem| Wagenhofer Erneuerbare Energien-Ökostrom | (c) A. Minnich
Es gibt Zeitungsmeldungen, die liest man als Unternehmer – und dann ist man wach. Hellwach. Mir ging es Anfang Oktober so: "LH Doskozil will Solarenergie verstaatlichen". Wenige Tage nach der Schockmeldung bat mich Dr. Eva-Maria Kaiser vom ORF "Report" zum Interview. Die Ausstrahlung ist für Mitte November geplant, Bis dahin: Was ist Freiflächenphotovoltaik überhaupt?

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Solarenergie verstaatlichen?

Photovoltaik passiert derzeit in Österreich großteils am Dach. Daran haben wir uns gewöhnt. Man hört nichts, man sieht nichts. Betreiber sind vorwiegend Haushalte. Am Boden installierte Photovoltaikanlagen haben ähnlich positive Eigenschaften und noch einen entscheidenden Vorteil: Man kann sie wesentlich größer anlegen. Das ist natürlich besonders im Hinblick auf die angestrebte Energiewende ein großes Plus. Seit es diese Freiflächenphotovoltaik gibt, gibt es natürlich auch Kritik: „Fruchtbares Ackerland wird „zweckentfremdet„.“ „Wertvoller Boden wird versiegelt.“ Und so weiter …
Momentan ist die Ökostromproduktion aus Photovoltaik wohl auch wegen der positiven Entwicklung in Deutschland stark in den Medien. Logisch, dass das Begehrlichkeiten weckt – die Nachfrage nach passenden Grundstücken ist massiv gestiegen, die Grundstückspreise ebenfalls. Sind das die Gründe, die den burgenländischen Landeshauptmann zu einer Novelle des Raumplanungsgesetzes bewogen haben? Ruft er deswegen „Solarenergie verstaatlichen!“ Wir wissen es nicht.

Nur positive Nebenwirkungen

Aber ich weiß, warum ich 2014 für meine unternehmerische Zukunft auf die Produktion von Ökostrom aus Photovoltaik gesetzt habe. Zu einem Zeitpunkt, wo weit und breit kein Trend in diese Richtung abzusehen war. Im Gegenteil, es war harte Arbeit, Behörden, Banken, Grundstücksbesitzer, Anrainer davon zu überzeugen, dass so eine Freiflächenphotovoltaikanlage viel mehr Vorteile hat als nur die Größe. Die 3 ha, auf denen meine Anlage steht, waren Ackerland, richtig. Aber „technisch belastet“, wie es in der Fachsprache heißt. Im Klartext: Da wollte nichts mehr wachsen.

Boden saniert

Heute wogt unter den Tischen mit den Sonnenkollektoren dichtes grünes Gras und um unsere Anlage entsteht gerade ein in Permakultur angelegter Grünstreifen. Möglich gemacht hat das eine fast 1 cm dicke Humusschicht, die wir auf dem gesamten Grundstück haben aufbringen lassen. Ein engagierter Gärtner sieht sehr regelmäßig nach dem Rechten. Sollten wir die Anlage einmal auflassen wollen – nicht müssen – geben wir der Natur eine agrarisch sanierte Fläche zurück. Wäre das auch gewährleistet, wenn wir Solarenergie verstaatlichen? Wir wissen es nicht.

Strom produzieren statt Lebensmittel?

Diese Sorge ist ebenfalls unbegründet: 10.000 ha an zusätzlicher Kollektorfläche – oder anders ausgedrückt, gerade einmal 0,4% der derzeit landwirtschaftlich genutzten Fläche Österreichs würden vollkommen genügen, um das für 2030 definierte Ziel zu erreichen, was den Ausbau an Erneuerbaren Energien betrifft.

Noch eine Zahl macht deutlich, dass es in Österreich ausreichend Acker- und Wiesenfläche gäbe, um dort Photovoltaikanlagen zu errichten: Derzeit wird in Österreich auf ca. 80.000 ha Raps angebaut. Allerdings nicht für den Verzehr: Aus diesem Raps wird Biodiesel gewonnen.  Dieser Biodiesel wird dem fossilen Diesel beigemischt – für mehr „Öko-feeling“.

Randnotiz: Die Menge reicht nicht,  also importieren wir zusätzlichen Biodiesel aus dem Ausland, vorwiegend aus Lateinamerika. Etwa 200.000 ha beträgt dort grob geschätzt die Anbaufläche für den letztlich in Österreich verwendeten „Bio“-Treibstoff.

Widmen wir einen Teil dieser Agrarflächen im Sinne der Energiewende um, dann kommen wir  dem Umstieg auf echten Ökostrom einen gewaltigen Sprung näher. Bewirtschaften wir diese Fläche verantwortungsvoll, dann haben wir alle etwas davon: Die Umwelt, die Landwirte und die Wirtschaft. Ganz ohne, dass wir Solarenergie verstaatlichen.

Wir glauben an die Privatwirtschaft

25.000 privat betriebene Photovoltaikanlagen gibt es derzeit in Österreich – visionäre Rechenmodelle sprechen von über 100.000 möglichen Standorten für Photovoltaik-Großanlagen – ein unglaubliches wirtschaftliches Potential, ein grandioser Ausblick in die Energiezukunft Österreichs. Wir sind sehr stolz auf unsere kleine „Großanlage“ in Strem. Drei ähnliche Projekte haben wir in der Schublade, die wir mit genau der gleichen Sorgfalt umsetzen möchten, wie wir das bereits getan haben – dann ist mein unternehmerisches Wachstumsziel erreicht. Da gibt es keine Ambitionen, zu einem Konzern zu werden. Wenn ich mir die Kollegen und Kolleginnen ansehe, die wie wir Ökostrom über die Energiegenossenschaft OurPower verkaufen, dann geht es vielen ähnlich: Große Träume, hehre Ziele.  Ich hoffe sehr, die Politik überdenkt ihre Pläne, Solarenergie zu verstaatlichen und lässt uns weitermachen!

Geplanter Beitrag:

ORF-Report, 21:05 ORF II
Mitte November

Schauen Sie sich das an!